Blokada

Posted on So 02 August 2020 in Computer & Electronics

Wer alt genug ist erinnert sich noch an eine Zeit, als das Web ein idyllischer Ort war. Das Design war von fragwürdiger Qualität und wenig interaktiv, aber es gab schon viele coole Seiten, das Wort Netzneutralität war nicht erfunden, weil eine Selbstverständlichkeit, man musste keine Angst haben sich beim Surfen ein Virus einzufangen und vor allem: kaum Werbung!

In der Zwischenzeit hat sich viel verändert: vielerorts ist das Web eigentlich zu einer Litfaßsäule verkommen, die notgedrungen auch mal was nützliches einstreut, weil die Leute den Werbescheiß alleine komischerweise nicht toll finden. Natürlich müssen Websites und Apps irgendwie bezahlt werden, aber die Reklamebranche hat uns alle nun so lange für dumm verkauft und unsere Wünsche und Bedürfnisse ignoriert, dass nun überall Geheule über uns böse Kriminelle zu hören ist, die einfach nicht akzeptieren wollen, dass blinkende Banner mit unerträglichem Sound und einer gelegentliche Malware Payload im Grunde was ganz tolles seien. Und natürlich ist auch nicht nachvollziehbar, wieso wir etwas dagegen haben könnten von so fürsorglichen Vaterfiguren wie Facebook oder Amazon in unserem ureignesten Interesse ein kleines bisschen ausspioniert zu werden. Die wollen ja schließlich nur unser Bestes!

Notwehr

Die natürliche Antwort auf die niederen Lebensformen der Werbeindustrie heißt Adblocker. Bei der Installation des Browsers ist es bei mir schon ein Reflex, automatisch uBlock Origin einzurichten und mir so den Reklameabschaum vom Hals zu halten. Noch wichtiger ist der Blocker für die ältere Generation, die halt nicht im Netz geboren wurde und vor lauter blinkenden Versuchungen kaum noch den eigentlichen Content zu identifizieren vermag.

Heute sind die meisten Leute aber nicht mehr nur (oder überhaupt) mit dem traditionellen PC im Netz unterwegs, sondern mit der elektronischen Fußfessel, auch unter dem Namen Smartphone bekannt. Da gestaltet sich das Blocken schwieriger. Zwar gibt es auch unter Android und IOS werbeblockende Browser, viele Angebote kommen aber aus völlig unklaren Quellen und ich möchte wetten, dass ein Teil davon einen Tausch von Werbung gegen andere Datensniffer darstellt.

Zudem hat sich die Werbung im mobilen Bereich auch außerhalb des Browser breit gemacht: Werbebanner in Apps sind weit verbreitet und in vielen Fällen nicht so dezent, wie man es sich wünschen würde.

Blokada zu Hilfe

Zum Glück gibt es auch im Mobilbereich verschiedene Lösungen. Eine davon heißt Blokada. Dabei handelt es sich um eine kleine aber nützliche App, die einem den ganzen Werbemist effektiv vom Hals hält – in allen Browsern und Apps!

Das ist super, aber man muss sich etwas Mühe geben um in den Genuss dieses Helferleins zu kommen. Zwar gibt es Blokada auch im Google Playstore, aber nur die eingeschränkte "slim" Version, der einige Funktionen fehlen. Das liegt an den Geschäftsbedinungen von Google – nicht verwunderlich beim größten Werbekonzern der Welt. D.h. Ihr solltet Euch die Vollversion besorgen. Entweder unter der obigen URL, oder über F-Droid. Damit das funktioniert, muss Android erstmal so eingestellt werden, dass die Installation von Apps außerhalb des Playstores möglich ist. Dazu müsst Ihr in die Android Einstellungen und dort unter "Sicherheit" oder so ähnlich. Da sollte sich eine Auswahl "unknown sources" / "Apps aus unbekannten Quellen" oder etwas vergleichbarem finden, die Ihr aktivieren müsst.

Wer ein neueres Android hat muss konkret angeben, welche installierten Apps die Erlaubnis bekommen sollen, inoffizielle Apps zu installieren. Z.B. F-Droid oder Firefox.

Dazu ist es nicht erforderlich, das Handy zu rooten, was ein großer Vorteil ist, falls man sich das nicht traut, Apps benötigt, die keine roots mögen oder schlicht keine root Methode für sein Gerät findet.

Inzwischen ist auch eine IOS Version verfügbar. Die habe ich aber mangels Obst-Telefon nicht ausprobiert. Aber ich bin sicher, die Blokada Seite hilft Euch hier weiter.

Wie funktioniert das?

Das Funktionsprinzip ist genial. Vielleicht kennt Ihr Pi-hole? Das ist ein kleines Tool, das man typischerweise auf einem Raspberry Pi installiert und dann dafür sorgt, dass alle DNS Anfragen über Pi-hole laufen. Dieses kann dann eine Blockliste verwenden, um Anfragen zu Werbedomains zu blockieren. Das ist eine feine Sache, aber etwas hakelig zu installieren und funktioniert nur im heimischen Netz, außer Ihr routet immer alles über Euer Heimnetz (z.B. via VPN).

Blokada macht das ganz ähnlich – nur lokal auf Eurem Handy. Wenn man Blokada aktiviert, baut man ein lokales VPN auf. D.h. aller Traffic läuft nun über Blockada, welches es dann ins Internet weiter routet – oder eben nicht, wenn es sich um einen Ad-Server handelt. Das funktioniert super, ist leicht einzurichten und hat auch keinen merklichen Impact auf die Geschwindigkeit. Da Blokada also allen Datenverkehr zu sehen bekommt kann es nicht nur DNS Anfragen auswerten, sondern direkt die Ziel-Adressen verwenden.

Hier findet Ihr eine genauere Beschreibung der Funktionsweise.

Wie bei anderen Adblockern auch, könnt Ihr aus verschiedenen Blocklists wählen und auch von Hand einzelne Sites black- oder whitelisten.

Ich verwende das nun seit ein paar Wochen und bin rundum zufrieden: klare Empfehlung.