Mikrowellenofen

Posted on So 08 Januar 2023 in Computer & Electronics

Bei einem lustigen Abend mit Kochen, Wein und Plauderei sagte eine gute Freundin neulich "Alle Leute die ich kenne haben eine coole Küche mit allem Schnickschnack – nur die Mikrowelle ist noch die aus Studentenzeiten."

Ich muss zugeben, dass ich mich dabei irgendwie ertappt fühlte, denn genau so isses: Wir haben bei der Küchenplanung coole Geräte ausgesucht, aber eine neue Mikrowelle haben wir nicht gekauft, sondern meine allererste aus Studententagen in einem Schrank versteckt. Die hatte damals 50 DM gekostet und sieht inzwischen schon etwas strapaziert aus, aber sie funktioniert wie am ersten Tag und ich dachte mir, ich brauche weder eine zusätzliche Grillfunktion, noch spezielle Programme für verschiedene Lebensmittel und auch keinen Internetanschluss. Also ist sie geblieben:

Soweit ich mich erinnere hat sie eine Leistung von 700W und das User-Interface besteht aus zwei Drehknöpfen für Leistung und Zeit sowie einem Druckknopf zum Öffnen der Tür. Was braucht man mehr?

In gewisser Weise sehe ich die Mikrowelle als Küchengerät zweiter Klasse – ich verwende sie halt zum Auftauen von Sachen, oder mache mal eine Tasse Glühwein darin heiß, aber zum wirklichen Kochen kommt sie nie zum Einsatz. Und früher hatte sie gelegentlich noch einen Nebenjob in der sicheren Entsorgung von Datenträgern – also Daten-CDs braten (super Schauspiel, aber lasst Euch nicht von Eurer Frau dabei erwischen...).

Leistungsstufen

Als erstes wollen wir mal die Leistungsaufnahme verifizieren. Dazu verwenden wir einen meiner Smartplugs mit Energiemessfunktion. Dann stellen wir ein Glas Wasser rein und schalten es ein. Die Messdaten holen wir uns dabei direkt vom Smartplug, auf dem die ESPhome Firmware läuft. Dafür nehmen wir unser esphomelogger tool:

esphomelogger test-plug -P Foo3ar5ecret > log.tsv

... und laden die Daten in R, um hübsche Plots zu machen.

Das Gerät hat insgesamt 5 Leistungsstufen, also wollen wir mal erforschen, welcher Leistung die entsprechen. Wir fangen bei Stufe 1 an, lassen ca. 1.5 Minuten laufen, dann 30s Pause und weiter auf Stufe 2 – da capo al fine:

Wie man sieht, regelt das Gerät nicht die Strahlungsleistung per se herunter, sondern die mittlere Leistung durch Pulswellenmodulation, d.h. es wird eine Weile eingestrahlt, dann einen Moment Pause, wieder einstrahlen etc. Da unsere sampling-Rate 1s beträgt haben wir die kurzen Einstrahlungsperioden auf Stufe 1 sicherlich nicht voll erwischt und so scheint es, als würde teils mit reduzierter Leistung mikrowelliert.

Die maximale Leistung beträgt etwa 1150W (gestrichelte rote Line) und das Gerät verbraucht für Licht und Drehteller ca. 41 W (gestrichelte grüne Line). Also bleiben noch \(1150 - 41 = 1109\text{W}\) für die "Heizung". Soviel also zu meinem Gedächtnis...

Heizleistung

Nun stehen aber auch diese rund 1110 W Heizleistung nicht komplett für unser Mittagessen zur Verfügung, denn das Magnetron wird sicher keinen 100%igen Wirkungsgrad haben. Also machen wir mal ein kleines Experiment:

  • Doppelwandiges Glas
  • 250g Wasser
  • Digitalthermometer mit K-Typ Fühler
  • Mikrowelle auf höchste Stufe (also ununterbrochene Einstrahlung)

Wir messen zunächst die Ausgangstemperatur \(\vartheta_0\), lassen dann die Mikrowelle eine Weile laufen und bestimmen danach die erreichte Temperatur \(\vartheta_1\).

Zu Beginn hatte das Wasser 20.3°C und nach 2 Minuten in der Mikrowelle habe ich schnell mit einem kleinen Holzspießchen umgerührt, damit die Temperatur im Glas halbwegs homogen ist und dann 77.2°C gemessen.

Die spezifische Wärmekapazität von Wasser beträgt ca. \(4.18 \frac{\text{kJ}}{\text{kg} \cdot \text{K}}\) und ist definiert als

$$ c = \frac{\Delta Q}{m \cdot \Delta \vartheta} $$

, wobei

\(Q\): zugeführte Wärme [J]
\(m\) : Masse des Wassers
\(\Delta \vartheta\): Temperaturunterschied [K]

Nun nach \(\Delta Q\) auflösen und unsere Messwerte einsetzen:

$$ \Delta Q = c \cdot m \cdot \Delta \vartheta $$
$$ \Delta Q = 4.18 kJ/kg \cdot 0.250kg \cdot (77.2°C - 20.3°C) $$
$$ \Delta Q = 4.18 kJ/kg/K \cdot 0.250kg \cdot 56.9K $$
$$ \Delta Q = 59.5 kJ $$

Nun kennen wir die zugeführte Energie in kJ. Um auf die Heizleistung \(P\) zu kommen, müssen wir durch die Zeit teilen:

$$ \Delta Q = P \cdot \Delta t $$
$$ P = \Delta Q / \Delta t = 59500 J / 120s = 496 W $$

Wie wir oben überschlagen hatten, hat das Magnetron ca. 1110W Eingangsleistung. Also beträgt der Wirkungsgrad \(496W / 1110W = 44.7\%\). Wikipedia sagt, ein Magnetron habe "bis zu 80%" Wirkungsgrad und für Mikrowellenherde werden 65% angegeben. Also ist meine alte Mikrowelle nicht so die effizienteste. Aber wenn man bedenkt, dass Sie ca. 30 Jahre alt ist dürfte das schon plausibel sein.