Unterputzradio reparieren
Posted on Do 26 Dezember 2024 in Computer & Electronics
Gerade ist Weihnachten und da sind wir normalerweise bei den Schwiegereltern. Und die haben im Gästebad ein Unterputzradio. Also ein kleines Radio, das in einer Unterputzdose montiert ist, wie sie normalerweise von Lichtschaltern oder Steckdosen bevölkert werden. Das hat zwar nicht gerade Hifi Qualität, aber fördert doch den frühmorgendlichen Erwachensvorgang. In letzter Zeit leistete es aber keinen merklichen Beitrag zur Munterkeit mehr, weil es kaputt ist und keinen Mucks mehr macht. Das sollte geändert werden. Also habe ich es ausgebaut und mitgenommen, um es mal gründlicher zu untersuchen und falls möglich zu reparieren:
Autopsie
Als erstes gilt es das Ganze auszubauen und zu öffnen. Das war erfreulich einfach. Zunächst muss man die Platte mit dem Display und den Tasten einfach abziehen, dann kann man das Gehäuse aus der Unterputzdose herausschrauben. Nun muss man vier Clips anheben und die Rückseite des Gehäuses entfernen und schon kann man das Netzteil entnehmen:
Die 14polige Buchsenleiste auf der Sekundärseite ist die Verbindung zum Bedienteil.
Und auch die Bedieneinheit ist geklipst und lässt sich mit einem Spatel und etwas Geschick schnell öffnen, so dass wir freien Blick auf die Hauptplatine bekommen:
Nachdem das Display völlig dunkel bleibt und das Radio auf nichts zu reagieren scheint, liegt die Vermutung nahe, dass das Netzteil defekt ist. Also mal genauer unter die Lupe nehmen. Die Sicherung ist ok. Die beiden Elkos sehen äußerlich gut aus und wenn man sie in der Schaltung misst, passen auch die Kapazitätswerte ganz gut. Das ist zwar noch kein Beweis, dass sie ok sind, aber fürs erste schaue ich weiter. Der Gleichrichter wirkt beim Durchmessen auch ok. Die Widerstände zeigen alle Werte, die zumindest in der richtigen Größenordnung liegen und das gleiche gilt für die kleinen Keramikondensatoren. Zunächst kommt mir die Schottky-Diode neben der Buchsenleiste spanisch vor, aber nachdem ich sie ausgelötet habe, messe ich nichts auffälliges mehr. Also wieder einlöten. Da ist noch ein MOSFET, der keine Zeichen von Kurzschluss zeigt.
Also mal an den Trenntrafo hängen und Netzspannung draufgeben. Über dem großen Elko liegen ca. 220V an. Und hinter dem Gleichrichter messe ich 310V Gleichspannung. Passt. Mal auf die Sekundärseite wechseln. An dem Glättungs-Elko messe ich ca. 5V und finde diese auch an der Buchsenleiste wieder. Wie es aussieht ist das Netzteil in Ordnung.
Hm. Dann sehen wir uns mal auf der Hauptplatine um. Die visuelle Inspektion ergibt nichts auffälliges. Um sicherzugehen, dass es nicht doch noch was mit der Spannungsversorgung ist, habe ich die Platine an mein Labornetzteil gehängt und auf 5V eingestellt. Kanal an und mal sehen, ob das Ding nun evtl. auf die Sensortasten auf der Rückseite reagiert...
AUA! Da hab ich mir doch glatt die Pfoten verbrannt! Irgendwas auf der Platine wird sehr unangenehm heiß! Also Platine fallen lassen, Spannung aus und alles schön auf die Silikonmatte legen. Wärmebildkamera herauskramen und einschalten – Pustekuchen – Akku leer. Dann eben anders: Finger auf die Platine und Strom kurz an. Aha – die Hitzequelle liegt also in der Nähe der Platinenkante in Verlängerung der Steckerleiste (oben rechts auf obigem Bild). Da finden sich zwei Kondensatoren, ein paar Spulen und so ein kleines Insekt. Etwas Isopropanol draufspritzen, Strom wieder an und beobachten wo der Alkohol am schnellsten verdampft. Es ist ganz eindeutig einer der beiden Kondensatoren. Beide mal nachmessen: Durchgang. Also ist der heißere vermutlich abgebrannt und nun leitend. Also auslöten. Nun ist der Kurzschluss weg. Sicherheitshalber den anderen auch auslöten und isoliert vermessen: 100µF.
Reparatur
Mal sehen, ob ich so einen da habe. Zwar finde ich in meiner SMD Sammlung Kondensatoren der passenden Größe, aber leider keinen mit so hoher Kapazität – bei 4.7µF ist Schluss. Grumpf!
Dann eben Plan B: in der Bastelkiste wühlen und ein PC-Motherboard hervorkramen und mal alle Kondensatoren messen, die in etwa die richtige Größe haben. Und nach einer Weile werde ich fündig. PC085 hat 100µF. Perfekt. Heißluft an, Pinzette im Anschlag und Kondensator auslöten. Er ist zwar physisch etwas kleiner, als das Original, aber das wird schon gehen. Einlöten und alles wieder zusammenbauen. Strom dran und:
Das Radio reagiert wieder. Sicherheitshalber habe ich dann noch einen kleinen Lautsprecher rausgesucht und angeschlossen und ihm waren Töne zu entlocken. Sieg!
Allerdings werde ich noch einen neuen Kondensator bestellen, denn der aktuell verbaute verträgt nur die Hälfte der Leistung des Originals.