"USB-Netzteil"

Posted on Sa 23 März 2024 in Computer & Electronics

Seit langem verwenden fast alle Kleingeräte ein USB-Kabel zur Stromversorgung und wie es aussieht wird das nun sogar auf einen Stecker (USB-C) standardisiert. Und so hat man sich daran gewöhnt zum Aufladen/Betreiben seiner Gadgets einfach schnell in die Kiste mit den ganzen USB-Ladegeräten zu greifen. Kabel rein, geht.

Und genau so habe ich das mal wieder gemacht, als ich ein wenig mit ein paar Funksignalen spielen wollte: ESP32-Modul auf ein Breadboard, 433MHz Empfänger dazu, alles verkabeln, irgendeinen USB-Lader schnappen, z.B. diesen:

Kabel rein, los geht's.

Oder auch nicht, denn irgendwie wollte der ESP nicht im WLAN auftauchen. Komisch. Das Flashen der Firmware war noch problemlos verlaufen und solang er über mein Laptop verbunden war kam er auch ins WLAN. Nur jetzt will er nicht mehr. Was'n da los?

Früher hatte ich schon öfter mal Probleme, wenn ein Gerät mehr Strom wollte, als irgendein Billig-Ladestecker so abgeben konnte. Z.B. ein Raspberry-Pi an einem uralten schwachbrüstigen Lader...

Aber ein ESP32 sollte nun echt nicht viel Strom brauchen. Aber werfen wir trotzdem mal einen kritischen Blick auf das Ladegerät:

Waaaas? Da steht "4.3V"?!? Das ist nun ganz klar außerhalb der USB-Spezifikation! Aber kann es sein, dass das vielleicht nur ein Druckfehler ist? Also nachmessen. Nein – kein Druckfehler. Mein Multimeter zeigt sogar nur eine Leerlaufspannung von 4.2V. Und um uns noch ein bisschen zu verhöhnen, ist auch noch so ein hübsches Piktogramm für die Polung eines Tonnensteckers dabei, der wohl zum ursprünglichen Produkt gehörte, aber ganz offensichtlich nicht fest mit dem Netzteil verbunden ist, das eindeutig eine USB-A Buchse hat.

Und wo ich so darüber nachdenke kommt mir: Das Ladegerät gehört zu den "Heizsocken" meiner Frau. Da sind zwei Akkus dabei, die man mit einem USB-Y-Kabel an dessen Ende solche Tonnenstecker sind, laden kann. Und 4.2V klingt verdächtig nach der Maximalspannung einer Lithiumzelle. Kann es etwa sein, das da nichtmal ein Laderegler verbaut ist und das Ding einfach mit 4.2V draufhält und hofft, dass die Akkus das überleben? Nachschauen:

Die Oberseite sieht aus wie alle billigen Schaltnetzteile. Da ist ein Optokoppler(817b) und ein DK1203 Schaltnetzteil Controller. Soweit nichts besonderes. Die Unterseite könnte aber schon ein richiger Laderegler sein. Auf auf dem Chip (IC4) steht "OPA1612 358S". Unter OPA1612 findet man einen Audio-Verstärker von Texas Instruments. Sucht man nach 358S findet man v.a. einen den LM358S dual Op-amp, der das gleiche Package und Pinout hat wie der OPA1612. Also wohl doch der gleiche oder zumindest ein kompatibler IC. Ansonsten findet man einen 358S Charging and USB Control Chip – der hat aber ein BGA-25 Package, während unser Chip wohl SOP-8 sein dürfte. Mysteriös.

Sucht man weiter, findet man jedoch Ladeschaltungen die auf dem LM358S beruhen. Z.B. hier. Also ist da wohl wirklich ein Laderegler im "Steckernetzteil".

Eine USB-A Buchse zu verbauen ist aber trotzdem unheimlich dämlich. Nicht nur ist das dann eben kein USB-Netzteil, sondern es besteht ja auch die Gefahr, dass der nichtsahnende Nutzer das USB-Kabel in ein richtiges USB-Netzteil steckt und das hat 5V und keinen Laderegler. Und das Y-Kabel sorgt auch zuverlässig dafür, dass es unmöglich ist, die Spannung der beiden Akkus einzeln zu überwachen. Beides dürften die Lithiumzellen auf Dauer übel nehmen...

Welcher Volldepp designt denn sowas?

Da bin ich mal wieder sprachlos.