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Neues Labornetzteil

Posted on So 18 Juni 2023 in Computer & Electronics

Elektronikkram braucht Strom. Und wenn es sich um eine Bastelei oder ein Reparaturprojekt handelt, bei dem kein eigenes Netzteil zur Verfügung steht, oder selbiges im Verdacht steht, Teil des Problems zu sein, dann kommt ein Labornetzteil zum Einsatz. Ich habe schon ewig ein Voltcraft PS405-pro Netzteil und irgendwo fliegt auch noch ein Manson NSP2050 Schaltnetzteil rum. Beide sind ganz OK, aber ich ich verspürte den Drang, mir mal ein neues zu gönnen, das ordentlich programmier- und fernsteuerbar ist und eine möglichst brauchbare Bedienung bietet.

Also habe ich etwas Marktrecherche betrieben und eine Vielzahl von Angeboten gefunden. In die engere Wahl haben es diese geschafft:

  • Rigol DP832 / DP832A
  • Siglent SPD3303X / SPD3303X-E
  • Owon ODP3033 / ODP3063
  • UNI-T UDP3305S / UDP3305S-E

Siglent und Rigol fallen in die Kategorie "respektable chinesische Anbieter", während Owon eher als Billigheimer bekannt ist und UNI-T genießt in der Community auch nicht den tollsten Ruf, obwohl ihre Multimeter sehr beliebt sind. Dennoch hat mich nach viel Vergleichen von Datenblättern und Handbüchern das UNI-T am meisten angesprochen:

  • Kanäle 1 und 2 mit je 0-32V, 0-5A. Diese können per Knopfdruck in Serie oder parallel geschaltet werden, um mehr Spannung oder höhere Ströme zu bekommen.
  • Kanal 3 ist v.a. für die Versorgung von digitalen Schaltungen gedacht. 1.8V, 2.5V, 3.3V und 5V bekommt man auf Knopfdruck, aber es lassen sich alle Werte zwischen 0 und 6.2V einstellen und man bekommt bis zu 3A.
  • "Kanal 4" ist pures Marketing und existiert nicht wirklich: Es handelt sich um eine USB-A Buchse, die 5V und max. 2A liefert.
  • Großes Farb-Display
  • Zahlenfeld zum schnellen Eingeben von Werten
  • Vielseitig programmierbar
  • 1 mV / 1 mA Auflösung (oder 10 mV / 1mA beim S-E)
  • Diverse Schnittstellen: Ethernet, USB, RS232 und ein paar digitale Pins
  • SCPI

Das hat in diesem Umfang keiner der Mitbewerber:

  • Das Rigol hat viel weniger Leistung und das Zahlenfeld ist unpraktisch im Kreis um den Drehregler angeordnet – ich nehme an das soll hip aussehen...
  • Das Siglent hat weniger Leistung und garkein Zahlenfeld. Auch die Programmierung ist weniger flexibel.
  • Das Owon hat etwas mehr Leistung und ein Zahlenfeld, ist aber weniger flexibel programmierbar, Die Kanäle sind in unlogischer Reihenfolge angeordnet (3, 1, 2) und das Display verwendet andere Farben der Kanäle, als die Farbcodes an der Front (zumindest scheint es auf den Marketing-Photos so).

Dennoch habe ich lange gehadert, denn man findet fast keine Erfahrungsberichte über das UNI-T Netzteil. Das mag zum Teil daran liegen, dass es noch recht kurz am Markt ist, aber man fühlt sich irgendwie wohler, wenn man weiß, dass Leute da draußen das schonmal genauer unter die Lupe genommen haben. So gibt es v.a. zu den Alternativen von Rigol und Siglent jede Menge Reviews auf Youtube und in diversen Blogs – inkl. Hacks, um das jeweils kleinere Modell mit den Optionen des großen Bruders auszustatten. Zum Uni-T konnte ich nur einen einzigen, kurzen Thread im EEVblog Forum finden. Ich hatte mich schon entschieden, einfach ins kalte Wasser zu springen und es blind zu bestellen, als user Self Bias dann seine Testergebnisse gepostet hat. Und dann waren meine Zweifel schon deutlich reduziert. Also habe ich es bestellt.

Zwei Tage später war es da:

Und nun wollen wir es mal ordentlich testen und schauen, ob das ein guter Kauf war oder nicht. Also heute mal ein Produkt Review in dem ich meine Ersten Erfahrungen teile..

User Interface und Äußerlichkeiten

Das Gerät macht einen soliden Eindruck. Die Tasten sind aus Gummi und haben einen deutlich spürbaren Druckpunkt. Der Drehregler rastet schön. Das Display spiegelt, aber in meinem Setting stört das kaum.

Die Polklemmen haben den Standard-Abstand von 19mm (3/4") und meine Laborkabel mit Büschelsteckern sitzen fest in den Buchsen. Alle relevanten Daten der drei Kanäle werden übersichtlich im Display angezeigt.

Die Bedeutung der diversen Knöpfe und Menüs erschließt sich fast von selbst und außer einem kleinen Rechtschreibfehler ("Templet" statt "Template") ist mir eigentlich kein Chinglish aufgefallen. Das Interface kann auch auf Deutsch eingestellt werden, aber das habe ich nicht ausprobiert.

Im Display wird immer angezeigt, ob wir im constant voltage (CV) oder constant current mode (CC) sind. Zusätzlich haben die drei Kanäle noch eine LED über den jeweiligen Polklemmen, die grün (CV) oder rot (CC) leuchtet, wie man es von klassischen Netzteilen kennt. Das finde ich super, weil man so sofort sieht wenn die Strombegrenzung bei einem Kanal greift.

Schaltet man die Kanäle 1 und 2 parallel oder seriell, wird dies prominent im Display angezeigt und es gibt eine kleine Grafik wo die Kabel im jeweiligen Modus anzuschließen sind. Was fehlt ist der klassische Tracking Mode – also die Möglichkeit Ch1 und Ch2 miteinander zu koppeln und gemeinsam regeln zu können. In gewisser Weise kann man das bekommen indem man die Kanäle in Serie schaltet und dann trotzdem alle vier Anschlüsse verwendet. Aber das hat den Nachteil, dass man nur die Gesamtspannung angezeigt bekommt und auch unterschiedliche Spannungen an den beiden Kanälen sind so natürlich nicht realisierbar. Ich vermute, dass sich das mittels neuer Firmware beheben ließe, also besteht Hoffnung, das evtl. in Zukunft irgendwann zu bekommen.

Kanal 3 hat einen kleinen Knopf mit gängigen Presets für digitale Schaltungen: 1.8, 2.5, 3.3 und 5V. Aber es lassen sich alle Spannungen von 0-6.2V einstellen. D.h. das ist ein vollwertiger Kanal mit Strombegrenzung etc. – nur eben mit geringerer Maximalspannung.

Was mir total gut gefällt ist die Direkteingabe von Werten via Ziffernblock. Das ist viel angenehmer, als endlos an irgendwelchen Encoderrädchen zu drehen!

Hier noch ein paar Screenshots (sieht in echt viel besser aus, als im Photo):

Alles in allem muss ich sagen, dass das Netzteil vermutlich das beste User-Interface hat, das ich bei chinesischen Geräten bisher erlebt habe.

Lüfterlärm

Nach dem Einschalten läuft der Lüfter sanft an und surrt leise vor sich hin.

Nun wollen wir mal Last draufgeben. Also Netzteil auf 20V stellen und die elektronische Last auf 50W stellen. Nach 10 Minuten habe ich die Last wieder abgeschaltet der Netzteillüfter scheint aber kaum lauter. Vermutlich war das zu wenig Last, um erhöhten Kühlbedarf auszulösen.

Also nochmal:

  • Ch1 und Ch2 parallel schalten
  • Am Netzteil 32V einstellen
  • 200W Last draufgeben
  • 10 min warten
  • Elektronische Last ausschalten und Lüftergeräusch prüfen

Ergebnis: Der Lüfter an der elektronischen Last dröhnt. Der am Netzteil ist weiter schön leise.

Programmierung

Man kann das Netzteil direkt über das User Interface programmieren. Und das geht erstaunlich leicht. Man bekommt eine große Tabelle mit 2048 Zeilen und jede Zeile enthält einen Parametersatz.

Dann sagt man dem Gerät wo es starten soll und bis zu welcher Zeile die Sequenz geht und schon arbeitet es die verschiedenen Settings brav ab.

Und schließlich gibt es noch Presets (fünf Stück): D.h. wenn man bestimmte Dinge häufiger macht, kann man in einem Preset Slot die entsprechenden Parameter aller drei Kanäle hinterlegen und diese dann schnell aufrufen. Z.B. 12V auf Kanal 1, 5V auf Kanal 2 und 3.3V auf Kanal 3 – jeweils mit der gewünschten Strom- und Spannungsbegrenzung. Auch die Parameter für Seriell- und Parallel-Modus können gesetzt werden:

Außerdem kann man auch noch Bedingungen einstellen bei deren Eintreten eine Aktion erfolgen soll – z.B. Eine Warnmeldung, ein Tonsignal oder das Abschalten des Kanals:

Das ist nützlich, um mitzukriegen, wenn etwas aus dem Ruder läuft, oder z.B. auch als automatische Abschaltung beim Laden von Akkus.

Software

Die mitgelieferte Software funktioniert natürlich nur unter Windows. Und so habe ich sie mal in einer virtuellen Maschine installiert. Ausgiebig testen will ich sie nicht, aber wenigstens einen kurzen Blick wollen wir darauf werfen:

Im Grunde ist sie nicht schlecht, aber die Installation ist schon sehr umfangreich und dauert gefühlt ewig. Auch reagiert das Netzteil etwas gemütlich auf die Einstellungen die man in der Software macht, aber vielleicht ist das auch der Overhead der virtuellen Maschine...

Fernsteuerung

Wenn komplexere Abläufe geplant sind, dann ist es oft angenehmer, nicht die Programmierung am Gerät selbst vorzunehmen, sondern es via Skript vom Computer aus fernzusteuern. Zu diesem Zweck bietet das Netzteil drei verschiedene Schnittstellen: USB, RS232 und LAN. Alle drei können dann über entsprechende SCPI Befehle das Netzteil steuern. Ein SCPI Manual ist vom Hersteller zu bekommen.

Die mitgelieferte Windows Software haben wir uns ja gerade eben schon angeschaut, aber ich will lieber unter LINUX arbeiten und auch richtig skripten. Also habe ich mich mal umgesehen, was es da so gibt und bin auf PyVISA gestoßen. Das klingt gut! Also mal schnell ausprobieren. Aber zunächst installieren:

python -m venv .venv
source .venv/bin/activate
pip install -U pyvisa
pip install -U pyvisa-py

Und dann eine Python-Session starten und mal ein wenig testen:

>>> import pyvisa
>>> rm = pyvisa.ResourceManager()
>>> rm.list_resources()
('ASRL/dev/ttyS1::INSTR', 'ASRL/dev/ttyS0::INSTR', 'TCPIP::192.168.0.65::INSTR', 'TCPIP::192.168.0.67::INSTR')
>>> psu = rm.open_resource('TCPIP::192.168.0.66::INSTR')
>>> psu.query("*IDN?")
'Uni-Trend,UDP3305S,ADP5499238404,1.06'

Zwar tauchte das Netzteil nicht in der Ressourcen-Liste auf, aber ich habe dann schnell nachgeschaut, welche IP-Adresse es hat und wie man sieht, hat es sich dann ja brav gemeldet.

Und nun wollen wir mal ein paar Sachen ausprobieren:

# select channel 1
psu.query(":INSTrument:SELE Ch1")

# Set voltage to 12.5V, 0.7A
psu.query(":APPL Ch1,12.5,0.7")

# switch on channel 1
psu.query(":OUTP:STAT Ch1,on")

# Set electronic load to 0.2A
# read values
psu.query(":MEAS:ALL? Ch1")
#  '12.498,0.198,2.475'

# Set electronic load to 2A
# read values
psu.query(":MEAS:ALL? Ch1")
#  '0.054,0.700,0.038'

# switch off channel 1
psu.query(":OUTP:STAT Ch1,off")

So macht das Spaß!

Firmware

Die Firmware in meinem Exemplar hat die Versionsnummer 1.06, Bootloader 1.03.

Leider findet man nirgends einen Menüpunkt zur Firmware Aktualisierung, das Manual hat nichts dazu zu sagen und auf den Webseiten von UNI-T findet man auch keine Firmware Files zum Download. Das ist sehr schade, denn bei einem 600€ Netzteil fände ich es keinen Luxus auch Firmware Updates anzubieten.

Update 2023-06-25: Ich hatte den UNI-T Support kontaktiert und u.a. nach Firmware-Updates gefragt. Lange hatte ich keine Antwort erhalten und dann nochmal nachgehakt. Ich dachte schon, dass ich nie eine Antwort bekommen werde, als es dann doch geschah.

Offenbar wurde die Antwort-Email vom Server meines Email-Providers abgewiesen. Eine Support-Mitarbeiterin hat sich darauf tatsächlich die Mühe gemacht mich auf LinkedIn ausfindig zu machen und mich auf diesem Weg kontaktiert. Das nenne ich mal Einsatz! Und so kam ich zu der Antwort-Nachricht. Zunächst fiel diese ernüchternd aus: Die aktuelle Firmware sei v1.10, aber der Kunde könne keine Updates selbst durchführen. Ich habe aber nicht gleich locker gelassen und so entstand ein längerer Dialog mit erfreulichem Ausgang:

Ich habe ein Firmware-Image der Version 1.10 bekommen und die Anleitung zum Update:

  1. *.rar File auspacken, um das Firmware Image UDP3305S.bin zu bekommen.
  2. Image File in das Root-Verzeichnis eines FAT32-formatierten USB-Sticks legen. Der Filename darf nicht verändert werden.
  3. Power supply ausschalten.
  4. USB Stick in den USB-Port auf der Rückseite stecken.
  5. UTILITY Taste drücken und halten und das Gerät einschalten.
  6. Nun startet der Update-Prozess.
  7. Nach erfolgreichem Update das Gerät aus- und wieder einschalten.
  8. Fertig.

Das hat einwandfrei funktioniert:

Sehr gut! Ich habe natürlich gleich an den Support zurückgemeldet, das ich es total super fände, wenn das im Manual stünde und die Firmware einfach zum Download bereitstünde. Laut support wird UNI-T im August Schritte in diese Richtung unternehmen. Das wäre doch mal super.

Mess-Setup

Im folgenden verwende ich immer wieder eine elektronische Last, um nicht nur Leerlaufspannungen zu erheben, sondern auch zu sehen, wie sich das Netzteil unter Last verhält. Dazu verwende ich meine eher preiswerte East-Tester ET5410A+ Electronic Load. Dabei ist es extrem wichtig, alles korrekt zu verkabeln, denn auch bei Verwendung ordentlicher Laborkabel kommt es bei höheren Spannungen/Strömen zu einem nicht zu vernachlässigendem Spannungsabfall an den Messleitungen. D.h. alle Messungen mit Oszilloskop oder Multimeter erfolgen so nah am Netzteil wie möglich. Würde man hingegen die Messungen an den Buchsen der Last vornehmen, wären diese durch den Spannungsabfall am Kabel verfälscht. Also:

Wobei wir im Falle eines Oszilloskops keine einfachen Messstrippen nehmen, sondern einen Tastkopf mit BNC-Adapter und BNC-Büschelstecker-Adapter.

Trafoanzapfungen

Damit der Spannungsregler im Netzteil nicht den vollen Bereich von 0-30V regeln und dadurch jede Menge unnütze Wärme produzieren muss, schaltet so ein Gerät je nach Bedarf auf eine von mehreren Anzapfungen (Taps) im Transformator, so dass die Trafospannung geringer ist. Um herauszufinden wieviele Anzapfungen der Trafo hat und wo sie liegen drehe ich die Spannung mal ganz langsam von Null auf 30V bzw. 6V (Ch1/2 bzw. 3) und warte auf das Klicken eines Relais – d.h. den Punkt an dem das Netzteil auf einen anderen Tap im Trafo umschaltet:

  • Kanal 1 & 2 schalten bei ca. 5V, 11V, 17.5V und 25V
  • Kanal 3 kommt ohne Umschaltung aus.

Die Umschaltspannungen unterscheiden sich ein bisschen, je nachdem, ob man die Spannung von unten kommend über die Schwelle erhöht, oder von oben kommend verringert. Das ist auch gut so, damit das Netzteil nicht so leicht in die Situation kommt, ständig umzuschalten, wenn es genau auf/ sehr nah an einer Umschaltschwelle arbeitet.

Ein-/Ausschaltverhalten

Als erstes schauen wir mal ob und ggf. wieviel Spannung auf den drei Kanälen anliegt, wenn diese noch nicht aktiviert sind. In obigen Thread im EEVBlog wurde angemerkt, dass diese nicht null sei. Also nachmessen:

  • Kanal 1: -11mV
  • Kanal 2: -243mV
  • Kanal 3: 0mV

Das entspricht erstaunlich exakt dem, was im EEVblog Forum berichtet wurde. Offenbar haben sie die Produktion gut reproduzierbar im Griff ;-)

Angeblich ist es nicht so ungewöhnlich, dass Netzteile geringe Spannungen am Ausgang anliegen haben wenn der entsprechende Kanal aus ist. Insofern mache ich mir jetzt mal nicht zu viel Kopf darum, auch wenn ich es nicht verstehe.

Als nächstes schauen wir uns an, wie sich das Netzteil verhält, wenn man einen Kanal aktiviert. Also stellen wir mal verschiedene Spannungen ein und aktivieren den jeweiligen Kanal. Für die Kanäle 1 und 2 nehme ich 2.5, 5, 10, 20 und 30V, Für Kanal 3 dann 2, 4, 6V:

Und nochmal das gleiche, aber diesmal mit 3A (Ch1 & 2) bzw. 2A (Ch 3) Last:

Kanäle 1 und 2 zeigen weder mit, noch ohne Last einen Overshoot. Kanal 3 hingegen hat zumindest bei der geringsten Spannung einen kleinen Overshoot. Bei den beiden höheren Spannungen wird ganz offensichtlich erstmal ordentlich geregelt (Ch1&Ch2) – ob das nur am Netzteil liegt, oder auch an der elektronischen Last weiß ich nicht. Also nehmen wir mal einen Leistungswiderstand (12Ω, 100W) und wiederholen das Experiment damit:

Ch1 & Ch2:

Ch3:

Das sieht etwas besser aus, aber das Regeln ist nicht völlig verschwunden, also hatten offenbar Netzteil und Last ihren Anteil daran. Allerdings ist mir nicht klar, was da genau passiert.

Nachdem wir das Einschaltverhalten angeschaut haben werfen wir noch schnell einen Blick auf den Spannungsverlauf beim Abschalten der Kanäle (je 30V bei 3A bzw. 6V bei 2A Last):

Das ist erwartungsgemäß unspektakulär – im Wesentlichen schauen wir hier einem Kondensator beim Entladen zu. Hier teste ich nur die Maximalspannung, denn es ist nicht zu erwarten, dass wir hier noch etwas spannendes sehen werden.

Zuguterletzt gibt es da noch einen Knopf der mit all on/off beschriftet ist und dementsprechend alle drei Kanäle gleichzeitig ein- oder ausschaltet. Aber was passiert, wenn einige Kanäle eingeschaltet sind und andere nicht? Das Netzteil tut genau das richtige und schaltet in diesem Fall alles aus. Das ist wichtig, z.B. wenn etwas schiefgeht und man schnell alles abschalten muss, um Schäden an einer Schaltung zu verhindern.

Lastwechsel

Als nächstes wollen wir mal schauen, wie sich das Netzteil verhält, wenn sich plötzlich die Last ändert. Dazu programmieren wir die elektronische Last so, dass sie alle 2 Sekunden die Last ändert (Transient mode). Wir stellen 30V am Netzteil ein und die elektronische Last zieht abwechselnd 1A und 4.5A. Auf dem Oszilloskop war nicht wirklich was spannendes zu sehen und so wechseln wir aufs Multimeter (Siglent SDM3065X, Aperture 0.5 PLC):

Das sieht verdammt gut aus. D.h. es gelingt dem Netzteil wirklich gut, die eingestellte Spannung unter Lastwechseln zu halten.

Noch schnell das gleiche für Kanal 3, hier aber bei 6V und 250mA / 2.5A:

Sehr gut – auch hier gibt es nichts zu beanstanden.

Strombegrenzung

Ordentliche Labornetzteile haben eine Strombegrenzung. D.h. man kann einstellen, welcher Maximalstrom erlaubt ist. Und wenn die Last dann bei der vorgegebenen Spannung mehr Strom ziehen möchte regelt das Netzteil die Spannung so weit herunter, bis nur noch der eingestellte Maximalstrom fließt. Auf diese Weise wird die Last geschützt. Je schneller das Netzteil das hinbekommt, desto besser.

Zum Test stellen wir zunächst die Spannung und Strombegrenzung am Netzteil ein. Dann belasten wir das Ganze mit dem ersten Last-Niveau (Last 1), das unter der Grenze liegt. Dann erhöhen wir die Last abrupt auf ein Niveau deutlich über der Stromgrenze (Last 2). Und das Ganze beobachten wir dann am Oszilloskop: Die Spannung auf Kanal 1 und den Strom auf Kanal 2 (mit Hantek CC-65 Stromzange).

So sieht dann unser Messaufbau aus:

Hier erstmal unsere Parameter mit denen wir testen werden:

Kanal U [V] I Limit [A] Last 1 [A] Last 2 [A]
1 & 2 30 0.500 0.100 1.1A
1 & 2 15 0.500 0.100 1.1A
3 6 0.500 0.100 1.1A

Hier die Bilder für Kanal 1:

Und hier Kanal 2:

Und Kanal 3:

D.h. bei 30V sind ca. 30ms vergangen von dem Moment als der Strom die Schwelle von 500mA überschritten hat bis zu dem Punkt an dem er wieder auf diesen Wert begrenzt war. Dazwischen ist er auf bis zu ca. 1.1A angestiegen. Bei 15V dauerte es nur gute 20ms. Auf Kanal 3 geht es erwartungsgemäß noch schneller, denn da bekommen wir ja auch nur 6V.

Und obwohl ich solche Plots extrem hilfreich finde, krönen wir das Ganze noch mit einem wirklich trivialen, aber praxisrelevanten Test: wir misshandeln eine rote LED.

Die klemmen wir ohne Vorwiderstand an das Netzteil. Bei 20mA leuchtet sie schön hell.

Nun stellen wir die Strombegrenzung also auf 20 mA und die Spannung auf volle Pulle (30V). Nun den Kanal aktivieren und schauen was passiert. Das Netzteil schaltet sofort in den constant current mode und wir bekommen exakt 20mA bei 1.9V. Und natürlich leuchtet die LED recht ansprechend.

Und nun schalten wir den Kanal aus und wieder an – und wieder aus und erneut an und... Und das wiederholen wir so lang bis entweder die LED den Geist aufgibt, oder ich keine Lust mehr habe. Nach 100 Versuchen habe ich dann aufgegeben und die LED lebte immer noch.

Überstromschutz

Zusätzlich zur Strombegrenzung verfügt das Netzteil noch über einen Überspannungs- bzw. Überstromsschutz. Ist dieser aktiviert, schaltet das Netzteil den entsprechenden Kanal umgehend ab, sobald die eingestellten Schwellwerte für Spannung oder Strom überschritten werden. Und auch das wollen wir einmal testen. Das Setup ist das gleiche wie oben, nur dass wir diesmal zusätzlich die over-current protection aktivieren, d.h. sie ebenfalls auf 500mA stellen.

Und das passiert dann:

Als erstes greift der constant current mode, wie oben auch. Und knapp 90ms nachdem der Strom die Schwelle überschritten hatte schaltet das Netzteil den Kanal dann komplett ab.

Kanal 2 und 3 schenke ich mir diesmal.

Richtigkeit von Settings und Readback

Für jeden Kanal kann man eine Spannung und einen maximalen Strom einstellen (Setting) und es wird im Betrieb auch angezeigt, welche Werte aktuell tatsächlich gemessen werden (Readback). In diesem Abschnitt wollen wir überprüfen, wie korrekt diese Zahlen sind.

Das Datenblatt sagt:

Programming accuracy

Voltage: ±(0.03%+10mV)

Current: ±(0.2%+5mA)

Readback accuracy

Voltage: ±(0.03%+10mV)

Current: ±(0.15%+5mA)

Spannung

Dazu stellen wir verschiedene Spannungswerte am Netzteil ein, programmieren einen bestimmten Strom in der elektronischen Last (ET5410A+) und messen dann mit einem neuen SDM3065X Multimeter nach. Netzteil und Multimeter waren zuvor mindestens eine Stunde eingeschaltet, damit sie sich äquilibrieren können. Die Raumtemperatur betrug 22.2 °C (K-Type Fühler, Fluke 87V).

Unser Messprotokoll umfasst:

  • Kanal 1 & 2:
    • Spannung: 1 - 30V in 1V Schritten
    • Strombegrenzung: 5.2A
    • Electronic load: 0, 1, 2.5, 5A
  • Kanal 3:
    • Spannung: 1 - 6V in 1V Schritten
    • Strombegrenzung: 3.2A
    • Electronic load: 0, 0.25, 1.5, 3A

D.h. wir plotten nun die absolute Abweichung (in mV) von Set Voltage (V.set) bzw. Readback Voltage (V.psu) gegen die mit dem Multimeter gemessene Spannung (V.dmm) auf und zeichnen die Spezifikationsgrenzen als grüne Linen ein. Zudem färben wir die Datenpunkte nach dem vom Netzteil gemessen Strom (A.psu) ein.

Super – alle Punkte liegen klar innerhalb des Spezifikations-Bandes.

Zuguterletzt schauen wir noch, wie gut der eingestellte und der vom Netzteil gemessene Spannungswert im Mittel voneinander abweichen:

Minimal...

Strom

Zur Untersuchung der Trueness der Strombegrenzung variieren wir die Strombegrenzung bei verschiedenen Spannungen. Die elektronische Last wird auf 6A eingestellt, so dass sie stets versucht mehr Strom zu konsumieren, als die Strombegrenzung erlaubt. Dabei messen wir den Strom mit dem Multimeter und vergleichen dann diese Werte mit dem eingestellten Strom sowie dem Readback.

  • Kanal 1 & 2:
    • Spannung: 5, 10, 20, 30v
    • Strom: 0.5, 1, 2.5, 5A
    • Electronic load: 6A
  • Kanal 3:
    • Spannung 2, 4, 6V
    • Strom: 0.5, 1, 2, 3A
    • Electronic load: 6A

Und hier die dazugehörigen Plots analog zu oben:

Das ist alles klar in der Spezifikation, aber Kanal 3 zeigt bei 500mA einen seltsamen Outlier. Auch der ist in spec, aber ich verstehe nicht was da los ist.

Glättung

Ein weiteres Qualitätsmerkmal eines Labornetzteils ist die "Sauberkeit" der gelieferten Gleichspannung. Also wie gut diese geglättet ist. Vor allem Schaltnetzteile haben da so ihre Probleme.

Man unterscheidet dabei zwischen Ripple und Noise. Ripple ist die Welligkeit, die durch die Lade-/Entladezyklen des Netzteilausgangs entstehen. Bei einem linearen Netzteil wie diesem passiert das im Takt der Netzspannung, also 50Hz bei uns in Deutschland. Bei Schaltnetzteilen ist es die Schaltfrequenz des Netzteils – typischerweise im Bereich vieler kHz. Noise ist alles übrige.

Naiv betrachtet klingt es einfach das zu messen: Oszilloskop mit einem Tastkopf ans Netzteil klemmen und Kurve anschauen. In der Praxis bringt mich das aber an die Grenzen meiner messtechnischen Möglichkeiten, denn so einfach ist das nicht. David Jones hat z.B. ein ziemlich gutes Video zum Thema.

Die Spezifikation des Netzteils sagt: "<350μVrms/2mVpp(5Hz~1MHz)". Das ist insofern etwas ungewöhnlich, als es üblich ist das im Bereich unter 20MHz anzugeben, aber gut.

Also versuchen wir mal das zu messen. AC-coupling, Bandwidth Limit 20MHz. Nun einen Tastkopf anschließen und auf maximale Sensitivität (500µV/div) gehen. Und so bekomme ich dieses Bild:

D.h. das kleine bisschen Tastkopf ist schon eine ausreichend gute Antenne für so ein Bilderbuch-50Hz-Signal (Ripple) plus diversen anderen Mist (Noise). D.h. wir müssen versuchen, den Weg zwischen Tastkopf und Netzteil so gering wie möglich halten. Also verwende ich so einen Adapter von zwei Büschelsteckern auf BNC und dann den BNC-Adapter für den Tastkopf:

Damit geht es dann doch unerwartet gut:

Ch1 & Ch1:

Ch3:

OK – das mit den 2mVpp scheint hier zu passen. Also nochmal – diesmal mit der elektronischen Last bei 1A:

Ch1 & Ch1:

Ch3 (Hier musste ich die Empfindlichkeit nochmal runternehmen, damit alles in Bild passt):

Hui – da rauscht es dann schon deutlich stärker. Allerdings ist unklar was davon dem Netzteil zuzuschreiben ist und welcher Anteil der elektronischen Last...

Also nochmal – mit einem Leistungswiderstand (12Ω, 100W). Aber erstmal eine Runde rechnen, damit der nicht abbrennt:

30V / 12 Ω = 2.5A

30V ∙ 2.5A = 75W

Ok – das geht so. Sicherheitshalber klemmen wir ihn noch auf ein Aluprofil als Kühlkörper. Gut warm wird er aber trotzdem innerhalb weniger Sekunden.

Und so schaut das dann aus:

Ch1 & Ch1:

Ch3:

Sehr gut – das sieht doch schon viel besser aus! D.h. inklusive der Störungen die wir über unsere Messleitung auffangen haben wir zwischen 1 und 2.2mV peak to peak ripple & noise. Damit dürfte das Netzteil in der Spezifikation liegen.

Schließlich habe ich noch versucht, es besser zu machen und eine differentielle Messung mit zwei Tastköpfen zu machen, indem ich Ch1 an Minus und Ch2 an Plus halte und die beiden Kanäle subtrahiere. Es ist mir allerdings nicht gelungen, das Rauschen auf diese Weise sichtbar zu machen – die Differenz war immer ein perfekte Nulline...

Bei der obigen Einstellung dürfte das Rauschen in den großen Ripple-Signalen untergehen – man beachte den Unterschied in der y-Skalierung zwischen den Ch1/Ch2 und der Differenzlinie (Faktor 1000). Die Tastköpfe fangen einfach zuviel Signal auf und der ADC löst bei dieser Empfindlichkeit das Rauschen nicht mehr auf. Wenn ich aber die Input-Kanäle deutlich empfindlicher einstelle, dann ist das Signal schnell außerhalb des Messbereichs (Clipping) und wir bekommen auch wieder keine Differenz. Vermutlich muss ich da irgendwie eine Abschirmung basteln.

D.h an dieser Stelle muss ich mich wohl geschlagen geben – ich bin messtechnisch (oder intellektuell) nicht adäquat ausgestattet, das besser zu quantifizieren. Dazu bräuchte ich vermutlich einen sehr rauscharmen differentiellen Messverstärker mit ausreichender Verstärkung.

Fazit

Das Netzteil ist sehr intuitiv zu bedienen, bietet wirklich viele Features und die Performance ist ausgesprochen gut. Programmierung am Gerät und auch die Fernsteuerung über SCPI klappen problemlos. Ich wollte mich eigentlich über die fehlende Möglichkeit beklagen die Firmware zu aktualisieren, aber wie oben beschrieben, ist das nun auch möglich. Das einzige, das ich vermisse ist der tracking mode – aber vielleicht kommt der ja irgendwann mit einem Firmware Update. Zuguterletzt muss man sagen, dass das Handbuch beim Rigol DP832A deutlich besser ist, als beim UNI-T, aber ich hatte trotzdem keine Probleme mich zurecht zu finden.

Alles in allem bin ich sehr zufrieden – ich würde es sofort wieder kaufen.

Update 2023-11-14

Es hat eine Weile gedauert, aber inzwischen stellt UNI-T die Firmware tatsächlich auf ihrer Homepage zum Download zur Verfügung.

Update 2024-04-23

VoltLog hat nun einen sehr ähnlichen Review des Netzteils auf Youtube veröffentlicht und im Nachgang auch noch einen Teardown. Dort werden auch ein paar Dinge getestet, die nicht im Programm hatte also lohnt es sich das anzuschauen.